Der kleine Blockbau auf einem Mauersockel bildet die durchaus typische Gebäudehülle von Mühlen in Walliser Seitentälern.
Der kleine Blockbau auf einem Mauersockel bildet die durchaus typische Gebäudehülle von Mühlen in Walliser Seitentälern; er gleicht äusserlich der nahe stehenden Mühle von Törbel (1121). Doch zeigen die beiden Mühlen zwei verschiedene Antriebsarten: Bei der Stockmühle aus Törbel erhöht eine Düse die Schubkraft eines Wasserstrahls und lässt das liegende Wasserrad in die Runde schnellen, das im Mauersockel verborgen ist. Die Mühle von Naters hingegen weist an ihrer Aussenwand ein stehendes Wasserrad auf, das sich sachte dreht. Hier wirkt die Schwerkraft des Wassers, das in Känneln von oben her auf das Rad geleitet wird, in die Radkästen fällt und mit seinem Gewicht das Rad bewegt.
Das grosse, sich langsam drehende Kammrad hat 52 Nocken und greift bei der Kraftübertragung in die kleine Spindel mit nur neun Öffnungen. Dadurch dreht sich diese sechs Mal schneller! Die kleine Mühle stand auf einer Wiese am Ort «im Stock», zwischen Naters und Birgisch. Sie wurde angetrieben vom Milchbach und war nur über Saumpfade erreichbar. Das Gebäude ist wohl älter als die Inschrift 1872 über der Türe. In Gebrauch stand die Mühle bis 1966, als der Bauer und Müller Marius Salzmann das Privatgut «im Stock» mit der Mühle verliess und mit seiner Familie in den Talgrund zog. Damals durchstreiften Antiquitätenhändler die Landregionen und kauften für ein Butterbrot, was der beschleunigte Wirtschaftswandel an alten Dingen ausrangierte – auch für die Mühle aus Naters lag ein höheres Kaufangebot eines Altertumshändlers vor… Zum Glück durfte das Freilichtmuseum Ballenberg das Gebäude mitsamt der originalen Inneneinrichtung übernehmen.
Als der Lausanner Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte Paul-Louis Pelet in den 1970er Jahren die wassergetriebenen Gewerbe des Wallis studierte, fand er im Feld und in Archiven 956 (!) Beispiele von Wasserrädern. Davon waren ungefähr die Hälfte der noch identifizierbaren Wasserräder vertikale wie jenes von Naters. Die grosse Zahl allein in einem Schweizer Kanton zeigt eindrücklich, wie weit verbreitet und für das tägliche Leben wichtig diese ländlichen Gewerbe einst waren. Der Ballenberg präsentiert noch weitere hydraulische Anlagen: Eine Sägerei (691), eine Knochenstampfe (692) und eine Leinsamenstampfe (694).