Das Dorf Lancy, heute Genfer Stadtgebiet, lag 1762 noch in den Rebbergen. Familie Chaulet liess hier eine Trotte bauen, eine Traubenpresse.
Das Dorf Lancy, heute Genfer Stadtgebiet, lag 1762 noch in den Rebbergen. Familie Chaulet liess hier eine Trotte bauen, eine Traubenpresse. Die Steine wurden vor Ort gesammelt und damit die Wände hochgezogen. An der Rückwand der heutigen Küche steht der damalige Torbogen und im ersten Stock der Schlussstein von 1762. Der Kleinbau genügte den Weinbauern für die Verarbeitung der jährlichen Ernte.
1788 kehrte der Savoyer Joseph Guillierme aus der Fremde zurück. Er kaufte den Rebberg und vergrösserte die Trotte 1796 zu einem Bauernhaus mit allem Drum und Dran. Das kleine Gebäude wandelte sich zu einem stattlichen Vielzweckhaus. Beim Ausbau griff man zu Steinen von Schloss Schloss Saconnex-d’Arve, das zu dieser Zeit gerade abgebrochen wurde. Vor allem der an den Bauernhof angebaute Taubenschlag wurde mit Baumaterialien des alten Schlosses errichtet – mittelalterliche Schiessscharten wurden zu Fluglöchern und Lüftungsschlitzen. Tauben züchtete man damals für die Speisekarte.
1820 wurde ein grosser Wirtschaftsteil ans Bauernhaus angebaut. Diesmal diente im Inneren gestampfter Lehm zum Bau der oberen Wände. Im Gegensatz zu anderen Vielzweckhäusern produzierte man hier nicht für die Selbstversorgung, sondern für den Markt. Bis zu 50 Stück Vieh fanden in den langen Ställen Platz. Sie wurden auf eine damals rationelle Weise gehalten, gemästet und als Schlachtvieh verkauft. Der ummauerte Hof für die Tiere entspricht der heutigen Auslaufhaltung. Die Angestellten hingegen mussten enger zusammenrücken: Stube hatten sie keine mehr, dafür eine den Mittelmeergebieten ähnliche Wohnküche. Die Herrschaften gingen auf Distanz. Sie wohnten, fein säuberlich vom Duft der Landwirtschaft getrennt, 200 Meter entfernt in einem separaten Haus.
Bauernhäuser und mit ihnen ganze Siedlungslandschaften veränderten sich immer wieder. Mit wechselnden Wirtschaftsweisen entstanden neue Gebäudetypen. Drei solche Abfolgen fügten sich hier zu einem langen Gebäude zusammen. Anders als etwa beim Haus von Eggiwil (351) rekonstruierte man im Freilichtmuseum nicht den Ursprungszustand. Ein anderes Konzept kam zur Anwendung: Man liess spätere An- und Umbauten stehen. Was «work in progress» für Bauernhäuser heisst, ist am Hause von Lancy ebenso ablesbar wie die Umbrüche der Landwirtschaftsgeschichte.
Wo einst Tiere gestallt wurden, werden heute Trams deponiert.