Alle Gebäude im Freilichtmuseum Ballenberg verfügen über eine Geschichte. In manchen Ballenberg-Häusern wird diese – oft bewegte – Hausgeschichte in einer Ausstellung erzählt.
Im ebenerdigen Keller des Hauses können die Besucherinnen dank zweier thematischer Ausstellungen Spannendes über die Geschichte des ältesten Hauses auf dem Ballenberg erfahren.
Geschichte des Hauses im Wandel der Zeit
Die Ausstellung widmet sich der Haus- und Baugeschichte. Archäologische Untersuchungen haben freigelegt, welche Umbauten und Anpassungen das Haus im Wandel der Zeit erfuhr. So können Besucherinnen zum Beispiel lesen, welche Arbeiten nötig waren, als das Haus 1995/96 auf dem Ballenberg wiederaufgebaut wurde. Dabei war man bestrebt, soweit wie möglich den Zustand des Hauses um 1400 zu zeigen. Die Texte, Zeichnungen und Pläne werden mit zahlreichen Fotografien ergänzt. Diese dokumentieren nicht nur den Abbau des Hauses für das Freilichtmuseum, sondern erzählen auch von den Wohnverhältnissen der letzten Bewohnerinnen. So wird die Sozialgeschichte mehrerer Generationen erzählt, die das Haus über all die Jahrhunderte bewohnt haben.
Kunstinstallation von Ursula Stalder
Die Künstlerin Ursula Stalder hat anhand von Gegenständen, die beim Abbau des Hauses gefunden wurden, ein Stimmungsbild über das Leben und die Bewohnerinnen im Haus geschaffen. Die Gegenstände liegen frei in Vitrinen und folgen nicht einer klassischen wissenschaftlichen Anordnung mit Daten und Angaben, sondern sollen die Ästhetik der 700-jährigen Hausgeschichte vermitteln.
Das einfache Holzhaus mit einem Keller aus Stein steht im Freilichtmuseum an einer Steillage, so wie es schon ursprünglich in einem abgelegenen Tal im Tessin lag. Im Haus von Malvaglia (821) können die Besucherinnen auf zwei Geschossen nicht nur etwas über den Alltag der Region lernen, sondern sie erhalten auch Einblicke in die Baugeschichte und wie sich das Haus in die Dorfgeschichte einfügt. Drei Stuben, verteilt auf das Erdgeschoss und den ersten Stock, bezeugen anhand von Möbeln, Betten und religiösen Symbolen wie die Bewohnerinnen damals gelebt haben. Das Haus war bis Anfang des 20. Jahrhunderts bewohnt.
Im Obergeschoss befindet sich die Ausstellung zur Bau- und Dorfgeschichte. Auf sieben Tafeln mit Textabschnitten, Fotografien und Illustrationen können die Besucherinnen Spannendes erfahren. So war zum Beispiel das ursprüngliche Dach wahrscheinlich nicht aus Stein, das hätte die Holzkonstruktion zu sehr belastet. Archäologische und dendrochronologische Untersuchungen geben zudem Auskunft über das Alter des Hauses, während die vielen religiösen Inschriften und Einkerbungen annehmen lassen, dass das Haus ursprünglich als Pfarrhaus diente.
Im ersten Geschoss auf der westlichen Seite des Gutshofs zeigen Kartenausschnitte, Baupläne und Textabschnitte die Veränderungen auf dem Gutshof und seiner Umgebung im Laufe der Zeit. Der Gutshof «La Pobbia» wurde vor seiner Reise ins Freilichtmuseum immer wieder umgebaut und den Bedürfnissen der Bewohnerinnen und ihrer Arbeit angepasst. Heute ist der Gutshof ein steinernes Zeugnis für den Wandel in der ganzen Region. So kann man nicht nur etwas über die Baugeschichte lernen, sondern auch erfahren, wie sich die ursprünglich ländliche Umgebung um Novazzano verändert hat. Dort, wo einst der Gutshof stand, erinnert nur noch wenig an die landwirtschaftliche Vergangenheit. Interessant ist, wie die Eisenbahn ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und der stetige Ausbau der Autobahn ab den 1960er Jahren das Leben und Arbeiten auf «La Pobbia» grundlegend verändert haben.
Die Alp Champatsch wird seit dem 15. Jahrhundert bewirtschaftet. Die Anlage auf dem Ballenberg (1311-1314) datiert aus dem frühen 19. Jahrhundert. Die Alp wurde genossenschaftlich betrieben. Die Bauern der Ortschaften Valchava und Lü (heute Teil der Gemeinde Val Müstair) organisierten sich gemeinsam und stellten das Personal für den Alpsommer. In einem grosszügigen Raum im Alpgebäude 1312, wo früher der Käse gelagert wurde, können die Besucherinnen mehr über die Geschichte der Landwirtschaft im Val Müstair und der Alp Champatsch im Wandel der Zeit lernen. So erfährt man zum Beispiel, wie die Modernisierung der Alpwirtschaft das Käsen auf der Alp Champatsch ab 1970 unmöglich machte, weil die Anlage nicht mehr den geltenden Hygienevorschriften entsprach.
Die Alpgebäude standen ab 1985 leer und in den Jahren 1987/88, vor dem geplanten Abbruch, erfolgte eine umfassende Dokumentation. Dabei konnte man dank archäologischen Untersuchungen neue Erkenntnisse über die Arbeit und das Leben auf der Alp gewinnen. Die Anlage wurden im Jahr 1989 in Graubünden abgebaut und im 1991 im Freilichtmuseum Ballenberg eingeweiht.