Entdecken Sie die Geschichten von Bewohnerinnen und Bewohnern, die in den Ballenberg-Häuser gelebt haben. An sieben Ausstellungsstationen in den historischen Gebäuden werden spannende Erzählungen von Menschen vorgestellt, die aufgebrochen und angekommen sind.
Viele der Bewohnerinnen und Bewohner der historischen Gebäude im Freilichtmuseum Ballenberg führten ein Leben, das von Umzügen geprägt war. Sie übten Berufe aus, die saisonale Mobilität erforderten, sind ein- und ausgewandert oder haben sich nie dauerhaft niedergelassen. Der Themenweg «weltweit unterwegs» ist in enger Zusammenarbeit mit der Entwicklungsorganisation Helvetas entstanden. Der Weg vermittelt in einer einzigartigen Art und Weise die Geschichten über Aufbruch und Ankommen. In sieben historischen Häusern werden Geschichten aus der Vergangenheit des jeweiligen Hauses oder der Region erzählt. Passend zu den historischen Erzählungen präsentiert Helvetas die Geschichten von Menschen auf anderen Erdteilen. Video- und Audiostationen erwecken diese Geschichten zum Leben. Neben den Geschichten werden Hintergründe und Fakten zu Migration und Mobilität vermittelt.
Die Entwicklungsorganisation Helvetas ist ein politisch und konfessionell unabhängiger sowie steuerbefreiter Verein, der von nahezu 100’000 Mitgliedern sowie Gönnerinnen und Gönnern getragen wird. Der Schwerpunkt liegt in der Projektarbeit im globalen Süden: In Afrika, Asien, Südamerika und Osteuropa setzt sich Helvetas dafür ein, dass sich die Lebensbedingungen benachteiligter Menschen vor allem in ländlichen Regionen verbessern. Mit Ausstellungen nimmt Helvetas innerhalb der Schweiz für die Schweiz relevante globale Themen auf, regt zu Reflektion an und zeigt Handlungsoptionen für eine gemeinsame, gerechte und ökologische Zukunft auf.
Helvetas erweitert die historischen Erzählungen des Themenwegs um aktuelle Geschichten von Menschen auf anderen Erdteilen. Zwischen früher und heute zeigen sich in solchen Geschichten Ähnlichkeiten und Unterschiede.
www.helvetas.org
Eine Station auf dem Themenweg «weltweit unterwegs» führt Sie nach Cugnasco ins Tessin. Hunger und Armut zwangen damals viele Schweizerinnen und Schweizer in andere Länder auszuwandern, so auch Giuseppe Antonio Giulieri. Er wanderte 1889 aus dem Tessin in die USA aus, um dort nach neuen Möglichkeiten zu suchen. Seine Geschichte widerspiegelt das Schicksal vieler Tessiner Familien, die sich entschieden haben, in der Fremde Arbeit zu suchen. Jahrzehnte später kehrte Giuseppe Antonio in sein Heimatdorf zurück. Dort stellte er fest, dass sich wenig verändert hatte - und dass die Auswanderung einen hohen Preis für die Region hatte, die dadurch viele Arbeitskräfte und innovative Köpfe verlor.
Cugnasco, 1905. Heute erhaltene Fotos zeigen meist die Menschen, die zu Hause geblieben sind, hier die Familie von Amadeo Giulieri, einem Neffen von Giuseppe Antonio. © Famiglia Calzascia, Cugnasco
Eine vergleichende Geschichte führt die Besuchenden zurück in die Gegenwart: Abdul Akter aus Vitman Village, Bangladesch, hat aufgrund der wirtschaftlichen Situation in seinem Heimatland beschlossen, Arbeit in den Golfstaaten zu suchen. Als Maurer in Bahrain tätig, absolviert er lange Arbeitswochen und kann nur alle paar Jahre seine Familie besuchen. Dennoch ermöglicht sein höheres Einkommen seiner Frau Halima, das Haus in Stand zu halten und ein Stück Land zu kaufen. Halima nutzt ihre Zeit, um sich zur Unternehmerin weiterzubilden und ihren Nebenerwerb, die textile Handarbeit, in eine Einkommensquelle umzuwandeln.
Village, Bangladesch 2023. Halima (in der Mitte mit dem roten Tuch) mit ihren Freundinnen und Nachbarinnen beim Handarbeiten. © Helvetas / Franca Roatti
Die beiden Porträts geben einen Vorgeschmack auf die spannenden Geschichten, die auf dem Ballenberg zu entdecken sind.
Im Zentrum des Museums zwischen Spielhalle, Zirkuswagen und Restaurant Degen gibt es zahlreiche Impulse und Anreize, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Spiele und Quiz laden dazu ein, sich über persönliche Erfahrungen zum Thema weltweit unterwegs sein sowie die eigenen Wurzeln, Wanderbewegungen und Migrationserfahrungen auszutauschen. Fragen nach Zugehörigkeit einen uns alle: Wie oft haben wir schon Abschied genommen und wieder neu Fuss gefasst? Mit welchen Orten ausser dem, wo wir aktuell leben, fühlen wir uns verbunden? Welche Menschen vermissen wir? Wo leben die, mit denen wir im herzlichsten Kontakt stehen?
Während den Sommerferien falteten Ballenberg-Besuchende Origami-Vögel. Jede dieser kunstvollen Kreationen trägt eine persönliche Botschaft und wurde symbolisch auf die Reise geschickt. Aus all diesen Vögeln ist ein bunter Vogelschwarm entstanden, der im Pferdestall aus Luchsingen (362) zu bewundern ist.
Zusammen mit dem geographischen Institut der Universität Bern und der Hochschule der Künste Bern wird das Teilprojekt EcoArtLab umgesetzt. Das EcoArtLab untersucht durch eine Residenz mit einem Dreierteam aus den Bereichen Wissenschaft, Kunst und Aktivismus den Zusammenhang zwischen Klimawandel, Umweltveränderungen, Migration und der Rolle der Schweiz. Es schafft so neue, innovative Ansätze für Debatten und Fragen rund um Klima- und Mobilitätsgerechtigkeit. Studierende setzen sich in Projektwochen im April 2024 mit dem Thema auseinander, die Resultate sind in Installationen und Veranstaltungen in der zweiten Saisonhälfte auf dem Ballenberg sichtbar. Ein öffentlicher Anlass im September 2024 bezieht das Publikum mit ein. Der Wichtigkeit der klimabedingten Migration wird aufgrund ihres aktuellen Ausmasses durch das EcoArtLab-Projekt sowie in der Helvetas Ausstellungsstation zu Bangladesch Rechnung getragen.
www.mLAB.unibe.ch